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Harte Fakten vom »Dorfladenpapst« für Boxtal

Das Interesse ist groß, aber Geduld ist gefragt. Rund 100 Burger waren bei der Info-Veranstaltung zum möglichen Boxtaler Dorfladen dabei. Fotos: Michael Geringhoff Foto: Michael Geringhoff | Bild 1 von 2

Auch ein klei­nes bis­schen de­s­il­lu­sio­niert ha­ben vie­le der rund 100 Teil­neh­mer der In­for­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung zum künf­ti­gen Box­ta­ler Dor­f­la­den nach gut drei Stun­den das Ge­mein­de­zen­trum ver­las­sen.

Viele hatten eigentlich nur wissen wollen, wann und wo es losgeht, waren bereit – sozusagen ab übermorgen -, viele Dinge des täglichen Bedarfs im eigenen Dorfladen zu kaufen. Mit übermorgen wird es schon mal nichts. Der Zeithorizont für den Start des Dorfladens liegt im Rahmen von zwei bis dreieinhalb Jahren und die Kosten sind nicht unerheblich. Je nach baulichem Aufwand könne es die Boxtaler durchaus 250.000 bis 300.000 Euro kosten, ehe der Dorfladen aufmachen könnte. Viele hatten sich das einfacher vorgestellt. »Tante Emma is back«

Der, der schon wusste, dass es nicht über Nacht klappen kann, ist Wolfgang Gröll. Der 56-Jährige ist der »Dorfladenpapst«. In den vergangenen 20 Jahren hat er die Gründung von rund 200 Dorfläden begleitet – 95 Prozent derer gibt es noch. Das ist die gute Nachricht des langen Abends: Wenn es in Boxtal klappen sollte und die vielen künftigen Mühen zur Gründung führen, dann stehen die Chancen gut, dass der Dorfladen eine dauerhafte Einkaufsmöglichkeit für Boxtal sein wird. »Tante Emma is back« hieß es auf gut Denglisch beim »Papst«, er ist Vorsitzender des Bundesverbandes der Bürger- und Dorfläden und schon sehr früh in das Boxtaler Projekt einbezogen worden.

»Angeschoben« wird der Dorfladen aus zwei Richtungen. Da ist zum einen das Integrationsbüro (FSI) der Stadt Freudenberg, das im Jahr 2020 auf das passende Beteiligungsprojekt der Führungsakademie Baden-Württemberg aufmerksam geworden war und da ist eine Gruppe rund um den Ortschaftsrat, mit Vereins- und Bürgerbeteiligung. Miteinander bündeln sie die Kräfte.

»Wir können nicht nur abwarten, wir müssen anfangen, uns selbst zu helfen«, hatte Klaus Böxler aus dem Ortschaftsrat im Vorfeld gesagt und das deckt sich mit dem, was der Freudenberger Bürgermeister Roger Henning dringlich macht. Eile sei geboten, auch weil für das Projekt höchst hilfreiche staatliche Förderungen schon in naher Zukunft massiv gestrichen werden würden. Der Staat könne, erst recht künftig, nicht alles leisten, Bürgerengagement sei gefragt. Die Boxtaler machten sich auf einen hehren Weg, das immer schwieriger werdende Dorfleben für sich gut zu gestalten. Die Genossenschaftsidee erscheine ihm dabei richtig und wichtig, betonte Henning und sagte die Unterstützung des Rathauses bei der herausfordernden Fördermittelbeschaffung zu.

Die Boxtaler haben in den vergangenen Jahren zugeschaut, wie ihre Infrastruktur sich aufgelöst hat. Vor einem Jahr war der Metzger gegangen, nicht lange zuvor der Bäcker und die Banken. Vor 30 Jahren hatte man im Dorf noch die Wahl unter allem und gleich vier Einzelhändlern. »Heute gibt es an Infrastruktur nur noch das Gasthaus, den Kindergarten und die Kirche.« Dass es so nicht weitergehen könne, sei klar, hatte Klaus Böxler gesagt.

Gröll machte den Boxtalern Mut, ohne dabei haltlos optimistisch zu wirken. Eine strenge Analyse müsse vorangehen, ehe man als Dorfgemeinschaft beginne, Geld auszugeben. Allerdings: Die üblichen Parameter, wonach größer im Handel immer auch besser ist, die zählten nicht, seien oftmals sogar falsch. Der Großteil der Dorfläden finde sich in Gemeinden mit 500 bis 600 Einwohnern und laufe dabei so gut, dass man die Mitarbeiter über Mindestlohn bezahlen könne. Wichtig war es Gröll zu betonen, dass das Geld nicht über horrende Preise hereinkomme, sondern über Regionalität des Sortiments. Man müsse im Sortiment unterscheiden zwischen wichtigen und interessanten Waren. Bei den »Wichtigen«, jenen Standards, die man immer brauche, gebe es klare Marktstrukturen. Auch die Discounter kauften sämtlich bei den gleichen Großhändlern, da herrsche auch für den Dorfladen »Waffengleichheit«, man könne sich finanziell behaupten, sagte Gröll. Die »interessanten« Waren seien es, die es ausmachten.

Als Dorfladen dort gezielt regional einzukaufen, sichere hohe Qualitäten zu durchaus marktfähigen Preisen. Die Zeit spiele da sogar für die Dorfläden, denn Transportwege verteuerten die Produkte für den Endverbraucher. Die Zutaten für den Burger aus dem Schnellrestaurant brächten gut 4500 Streckenkilometer zusammen, während die regionale Leberkässemmel es auf kaum 50 Kilometer bringe, bis Fleisch, Käse und Semmel auf dem Teller lägen. Darüber hinaus seien Synergien wichtig, um die Attraktivität eines Dorfladens zu steigern. Gröll nannte das Café und die Tauschbücherei, aber auch die Tagespflegeeinrichtung. Ohne Tabus

Tabus dürfe es keine geben, man müsse jeden Gedanken zulassen, denn der Dorfladen müsse zu »seinem« Dorf passen, um am Ende dauerhaft erfolgreich funktionieren zu können. Wichtig sei, dass das Soziale und das Miteinander im Allgemeinen mitschwinge. Nun ist es an den Boxtalern, sich und Ideen für den Dorfladen zu sammeln, einen Standort festzulegen und das Projekt auf den Weg zu bringen. Die Finanzierung im genossenschaftlichen Sinne fordert es, dass mindestens 300 bis 400 der Boxtaler Bürger bereit sind, Anteile ab 300 Euro aufwärts zu zeichnen. Gröll versicherte, dass die Bürgereinlagen erst dann gefordert würden, wenn das Projekt Dorfladen in absolut trockenen Tüchern sei. Seine Beratung und Unterstützung sei den Boxtalern sicher »und zwar bis der Laden die schwarze Null schreibt

MICHAEL GERINGHOFF

Quelle: www.main-echo.de

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